Cover
Titel
Archäologie im Thurgau.


Herausgeber
Amt für Archäologie Thurgau
Erschienen
Frauenfeld 2010: Huber Verlag
Anzahl Seiten
398 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Urs Niffeler

«Das vorliegende Buch versteht sich als aktuelle Darstellung der Kulturgeschichte des Kantons Thurgau ausserhalb der historischen Überlieferung.» Mit diesen Worten wird die Zielsetzung des Bandes definiert. Und um es vorweg zu nehmen: Die Autorinnen und Autoren werden ihrem Anspruch gerecht.

Der eben zitierte Satz verrät auch, an welches Publikum gedacht ist: an eine Leserschaft, die sich für das mit archäologischen Methoden freigelegte, dokumentierte und ausgewertete kulturelle Erbe des Kantons Thurgau interessiert. Es handelt sich also nicht wie bei den anderen Bänden der Reihe «Archäologie im Thurgau» um eine reine Fachpublikation, sondern um eine breitere Kreise ansprechende Darstellung. Nicht von ungefähr erinnert der Titel an das von Karl Keller-Tarnuzzer und Hans Reinerth verfasste und 1925 erschienene Werk «Urgeschichte des Kantons Thurgau», in dessen Folge sich die neue Publikation explizit stellt (S. 13–16). Entsprechend ist der Aufbau: Die ersten knapp 250 Seiten beinhalten die in der Einleitung angekündigte aktuelle Darstellung der Kulturgeschichte; daran schliesst sich ein gut 110 Seiten starker Fundstellenkatalog an. Den Abschluss bildet ein Anhang, in dem u.a. eine umfangreiche Bibliographie, aber auch eine Chronologietabelle zu finden ist.

So ganz nebenbei erfährt man Vieles über die Arbeitsweise des Amtes für Archäologie. Ganz selbstverständlich werden im Kanton Thurgau mittelalterliche und neuzeitliche Objekte bis hin zu Bunkern des 2. Weltkriegs und Resten eines 1944 abgestürzten Bombers einbezogen (S. 246: «Die Neuzeitarchäologie ist mittlerweile … fest verankert.»). In der praktischen Arbeit gehen die Verantwortlichen mitunter unkonventionelle, aber sehr sinnvolle und erfolgreiche Allianzen ein: Die Burgruinen Chastel (Tägerwilen) und Neuburg (Mammern) etwa wurden im Rahmen einer Praktikumswoche des kantonalen Baumeisterverbandes von Lehrlingen restauriert — unter archäologischer Begleitung natürlich (S. 31).

Den Einstieg in die Kulturgeschichte bildet ein gut 20 Seiten langes Kapitel in die Landschafts-, Klima- und Vegetationsgeschichte, beginnend mit der Bildung der verschiedenen Molassen und endend mit der Zeit, in welcher der Einfluss des Menschen auf den Naturraum langsam spürbar wird; die Klimageschichte der jüngeren Epochen ist jeweils Teil des entsprechenden Kapitels. Dass im ersten Kapitel der ausgehenden letzten Eiszeit und der frühen Nacheiszeit breiter Raum eingeräumt wird, erstaunt nicht. Allerdings verliert sich, wer mit der Thurgauer Geographie nicht bestens vertraut ist oder zumindest eine Kantonskarte neben sich hat, leicht in der überaus detailreichen Schilderung.

Die nachfolgenden Kapitel vermitteln ein farbiges Bild vom bemerkenswerten kulturellen Reichtum des Kantons. Namentlich die Grabungen der letzten zwei, drei Jahrzehnte haben hier Wesentliches beigetragen: Erinnert sei beispielsweise für das Meso- und das Neolithikum an die Untersuchungen im Seebachtal und auf der Autobahntrasse im Bereich Kreuzlingen sowie natürlich an Arbon. Für die Römerzeit sind u.a. die Grabungen in Eschenz mit den herausragenden, feuchtbodenerhaltenen Objekten aus organischem Material zu nennen. Für die Neuzeit stehen etwa Schiffs- und Hafenrelikte im Bodensee.
Im ebenfalls bebilderten Katalog schliesslich werden 372 Fundstellen kurz präsentiert. Literaturhinweise erlauben die nähere Beschäftigung mit einem Objekt.

Das Buch besticht nicht zuletzt durch die opulente Bebilderung mit qualitätvollen Fotos und Zeichnungen. Schade nur, dass man sich der unsäglichen Marotte angeschlossen hat, die Abbildungsnummern bei jedem Kapitel wieder mit «1» zu beginnen. Immerhin: die Seiten sind durchlaufend nummeriert … Positiv hervorzuheben ist sodann die Sprache des Buches: Die Texte lesen sich zumeist angenehm und leicht; sie sind auch bemerkenswert homogen, was angesichts der doch erheblichen Anzahl Autorinnen und Autoren keine Selbstverständlichkeit ist.

Zitierweise:
Urs Niffeler: Rezension zu: Amt für Archäologie Thurgau (Hrsg.) Archäologie im Thurgau. Archäologie im Thurgau 16. Frauenfeld/Stuttgart/Wien 2010. Zuerst erschienen in: Jahrbuch Archäologie Schweiz, Nr. 94, 2011, S. 303.

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Zuerst veröffentlicht in

Jahrbuch Archäologie Schweiz, Nr. 94, 2011, S. 303.

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